Auf zu neuen Weiten!

Generalsanierung der einzigen Skiflugschanze Deutschlands

Die Heini-Klopfer-Skiflugschanze ist die einzige Skiflugschanze in Deutschland und eine von fünf Anlagen vergleichbarer Größe weltweit. Durch die Weiterentwicklung des Skisprungsports in den letzten Jahren und durch veränderte FIS-Regularien, wurde eine Generalsanierung der über 40 Jahre alten Schanze notwendig.

Schon im Jahr 1950 entstand hier eine erste Skisprungschanze – eine Holzkonstruktion nach einem Entwurf des Architekten und Skispringers Heini Klopfer. Er selbst führte am 2. Februar 1950 den ersten Flug auf der Schanze durch und erreichte dabei eine Weite von 90 m. Zum Gedenken an ihn trägt die Schanze heute seinen Namen. Die frei auskragende Spannbeton-Konstruktion des heutigen Sprungturms stammt aus dem Jahr 1973 und wird von den Oberstdorfern auch liebevoll als „schiefer Turm von Oberstdorf“ bezeichnet. Im Turm befinden sich Wärme- und Wachsräume, WC-Anlagen, ein Kioskbetrieb und ein Schrägaufzug, der bis zu elf Personen mit Sprungskiern transportieren kann. Eine Plattform am Turm bietet Platz für einhundert Personen. Der bestehende Schanzentisch wurde auf einer Länge von 45 m abgebrochen. Der neue Schanzentisch wurde 7,50 m zurück und 5,00 m höher gesetzt und als Stahlkonstruktion auf dem bestehenden Spannbetonbauwerk des Anlaufturmes aufgesetzt. Am Schanzenkopf wurden die Räumlichkeiten erweitert und auch das Profil des Aufsprunghanges wurde neu modelliert und an die Anforderungen einer hangnahen Flugkurve angepasst.

Den Umbau der Skiflugschanze und die neuen Nebengebäude plante das Architekturbüro Renn Architekten aus Fischen im Allgäu. Bei der Umsetzung der Umbaupläne sollte der Charakter der Anlage aber nicht beeinträchtigt werden.

Die Stahlbetonkonstruktion der Schanze sollte nun mit einer Abdichtung gegen eindringende Feuchtigkeit geschützt werden. Zuvor hatte der Beton keine Abdichtung, sondern es war die gesamte Fläche mit Trapezblechen abgedeckt – ein Gefälle von ca. 3 % führte das Wasser zu den Seiten ab.

Flüssigkunststoff als Abdichtung

Zunächst war eine bituminöse Abdichtung geplant, die aber bereits in der Planungsphase verworfen wurde. Die Schwierigkeiten der Verarbeitung in den Steilbereichen, wie  auch die Standsicherheit der fertigen Abdichtung bei Sonneneinstrahlung, führten zu anderen Abdichtungsvarianten. Letztendlich fiel die Entscheidung, die Rampe mit Flüssigkunststoff abzudichten. Die Ausführung mit Flüssigkunststoff sparte Zeit und verursachte gegenüber der ursprünglichen Lösung keine zusätzlichen Kosten.

Der Bauherr entschied sich für einen Flüssigkunststoff auf Basis eines Polyesterharzes. Das Abdichtungsmaterial WIDOPAN-FD besteht aus der Harzkomponente, einem Härter und einem Beschleuniger. Der Beschleuniger wird dem Harz in Abhängigkeit von der Temperatur beigemischt. So ist auch eine Verarbeitung bei niedrigen Temperaturen möglich, was bei der Ausführung im November bis Dezember 2016 entscheidend war.

Als Armierung wird ein Polyestergittervlies mit einem Flächengewicht von mind. 165 g/m² verwendet. Das System besitzt eine ETA nach ETAG 005.

Aber bevor die Abdichtung erfolgte, wurden mit einer Spachtelmasse, bestehend aus einem Reaktionsharz und Quarzsand, vorhandene Unebenheiten und die bestehenden Vertiefungen der Montageschienen flächenbündig verspachtelt. Durch die schnelle Reaktion der Spachtelung konnte die Flächenabdichtung direkt danach erfolgen.

Bis zu 39° Neigung

Die Verlegung der Abdichtung erfolgte in Längsrichtung und es wurden Längen von jeweils ca. 5 m hergestellt. Begonnen wurde am Schanzentisch und so wurde die Abdichtung die Schanze hinauf hergestellt. Das Material und auch das Werkzeug wurden auf einem „Schlitten“, der von oben abgeseilt wurde, gelagert. Die Verleger bewegten sich auf Leitern, die ebenfalls von oben gesichert waren. Immerhin hat die Schanze im oberen Teil eine Steigung von 39 °, der Schanzenkopf als höchster Punkt liegt mehr als 70 m über dem umgebenden Gelände.

Vorbereitung

Das Material WIDOPAN-FD ist ein Polyester-Elastomer, es wird auch als ungesättigtes oder modifiziertes Polyesterharz bezeichnet. Es besteht aus drei Komponenten, dem Basisharz, dem Katalysator oder Härter in Pulverform und dem Beschleuniger. Der Härter wird immer in einer festgeschriebenen Menge dem Harzgebinde beigemischt. Bei 20 kg Harz sind das 600 g Härter. Nach einer Lösezeit von ca. 20 Minuten (abhängig von der Umgebungstemperatur) kann die benötigte Menge dem Gebinde entnommen werden und der Beschleuniger wird aus einer Dosierflasche dazu gegeben und gut vermischt. Die Beschleunigermenge richtet sich nach der Temperatur, die Dosierung ist auf dem Gebindedeckel angegeben. Zur Bemessung des Beschleunigers sollte die Untergrundtemperatur herangezogen werden.

Klaffen Umgebungstemperatur (also Lufttemperatur) und Untergrundtemperatur weit auseinander, sollte zunächst der Mittelwert genommen werden und mit kleinen Materialansätzen der Härtungsverlauf getestet werden.

Nach dem Umbau der Heini-Klopfer-Skiflugschanze fand im Februar 2017 der erste Weltcup auf der modernisierten Skiflugschanze statt. Gleichzeitig war dieser Weltcup auch die Generalprobe für die FIS-Skiflug-Weltmeisterschaft im Januar 2018 in Oberstdorf. Den neuen Schanzenrekord stellte Andreas Wellinger mit 238 m auf.

Die Abdichtung mit Flüssigkunststoff führte MÜLLER + DUSCHER aus Loiching bei Dingolfing aus. MÜLLER + DUSCHER ist ein langjähriger und erfahrener Verarbeiter von Widopan-Produkten und auch mit einem Standort in Mintraching bei Freising vertreten.

Mehr zu Widopan-Flüssigkunststoff auf der Herstellerseite

Bautafel

Bauherr

Sportstätten Oberstdorf
Rossbichlstrasse 2 – 6, 87561 Oberstdorf
Tel. 08322/700 – 510, info@skiflugschanze-oberstdorf.de

Planung

Renn Architekten, Hans-Martin Renn
Burgstraße 4-6
D-87538 Fischen im Allgäu
Tel.: +49 8326 209350

Ausführung

MÜLLER + DUSCHER GmbH
Gewerbering 22
84180 Loiching

Hersteller

Widopan Produkte GmbH
Ostereichen 3
21714 Hammah

Eingesetzte Produkte

WIDOPAN-FD, WIDOCRYL-Betongrundierung PM,
WIDOCRYL-Reparaturmörtel

Originalartikel aus Beton- und Stahlbeton 2018, Heft 1 als pdf download.

(Fotos: 1x Eron Karoman, 2x Widopan)

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